Showtime

Letzte Woche habe ich in die Männerausgabe von „Showtime of my Life“ (Vox) reingeschaut und werde das heute Abend sicherlich auch bei der weiblichen Version tun. Die Früherkennung von Krebs ist ein wichtiges Thema, das mir am Herzen liegt. Und natürlich musste ich ein paar Mal schmunzeln, als die Herren einen Striptease auf die Bühne legten und für die gute Sache blank zogen.

Dank Wissenschaft und Forschung haben viele Krankheiten wenigstens ein bisschen von ihrem Schrecken verloren und bedeuten nicht mehr zwangsläufig ein Todesurteil. Jeder Mensch muss mit einer ernsthaften Diagnose seinen eigenen Umgang finden. Es steht niemandem ein Urteil zu, in welcher Form das geschieht. Manchen ist vielleicht wohler dabei, eine glatte, (übertrieben?) positive Fassade aufrechtzuerhalten, gerade wenn sie sich einer breiten Öffentlichkeit präsentieren. Zu betonen, wie gut es ihnen bei der Behandlung ergangen ist und wie toll die neuen Brüste geworden sind. Vielleicht ist es Galgenhumor und nicht nur eine Fassade, obwohl es möglicherweise so wirken mag? Man muss ja nicht immer die Qualen in den Vordergrund stellen und es darf auch mal ein bisschen frivol und lustig sein. Oder? Ich habe da gemischte Gefühle. Auch wenn eine andere von Krebs genesene Person sagt, das Leben sei so schön und es lohne sich, dafür zu kämpfen, stösst mir das ein bisschen sauer auf. Natürlich bin ich auch dieser Meinung und es ist mir bewusst, dass es in dieser Krankheitsgeschichte mit grosser Wahrscheinlichkeit ebenso dunkle Momente gab. Vielleicht hat mich die Aussage in diesem Zusammenhang leicht irritiert, weil ich die Dankbarkeit vermisst habe. Zum Beispiel dafür, freien Zugang zu den modernsten Behandlungen zu haben und anzuerkennen, dass auch ein kleines bisschen Glück mit von der Partie war. Dann blitzen in meinen Gedanken jeweils kurze sarkastische Erwiderungen auf. (Ach so, hätte doch jemand die an der Krankheit Verstorbenen bloss mal früher darauf hingewiesen, ich wette, die hätten sich mehr Mühe gegeben!) 

So sehr ich mich von ganzem Herzen für alle freue, die es gut überstanden haben, denke ich unwillkürlich an die anderen, bei denen es nicht so war. Von einer von Brustkrebs betroffenen Autorin, habe ich in den sozialen Medien gelesen, dass sie nicht müde werde zu erwähnen, dass nicht ihr „positives Denken“ sie habe genesen lassen, sondern die sogenannte „Schulmedizin“. Die positive Denkweise habe höchstens die verschiedenen Phasen ein bisschen erträglicher gemacht. Eine Aussage, die ich voll unterstützen kann. Dass ich mit meiner Multiplen Sklerose (meistens) gut klarkomme, verdanke ich einer guten Portion Glück und der modernen Medizin. „Realistischer Optimismus“, wie ich es lieber benenne, hilft mir indes sehr dabei, mit den Symptomen und Einschränkungen leichter und entspannter umzugehen. Das beinhaltet, auch sogenannt negative Gefühle zuzulassen und schwierige Szenarien nicht auszublenden. 

„Positives Denken“ alleine heilt nicht. Reflexion und „Selbsterkenntnis“ auch nicht. Einfach, dass das auch wieder mal gesagt ist. Es ist ähnlich wie bei sogenannten dauergrinsenden "MotivationstrainerInnen". Natürlich begünstigen bestimmte Verhaltensweisen Erfolg. Ohne das notwendige Glück wird das trotzdem alles nichts nützen. Das ist eine unschöne Tatsache und natürlich werden nur die Leute, die Glück hatten, nach ihrem Erfolgsrezept gefragt, sei es in gesundheitlichen oder geschäftlichen Belangen. 

 

Die Botschaft der Vorsorge und Früherkennung ist wichtig. "Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts."

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Bloch Elisabeth (Mittwoch, 23 Februar 2022 12:22)

    Ich stimme dir voll und ganz zu! Wieder ein sehr guter Beitrag! Was mir auch wichtig erscheint bei einer Krankheit ist die gute ärztliche Begleitung, keine Götter in weiss- es gibt noch ein paar- sondern einfühlsame, sensible Begleiter. Solche die zugeben können dass sie nicht alles wissen und vieles nicht vorhersehbar ist. Wir haben das Glück einen solchen Hausarzt zu haben und sind dafür sehr dankbar.
    Liebe Grüsse

  • #2

    Patricia (Mittwoch, 23 Februar 2022 13:22)

    Ja, das ist so wichtig, ich schätze das auch sehr! Vielen Dank für den Input.

  • #3

    Nelli (Freitag, 25 Februar 2022 16:47)

    Die Sendung habe ich zwar nicht gesehen. Ansonsten kann ich dir aber nur beipflichten, gut geschrieben!