Keine Zeit für Entspannung

„Ich finde das super, was Du machst, ich glaube, so ein Coaching täte mir auch gut!“ „Ich habe mir schon mal überlegt, Autogenes Training zu machen, ich kann manchmal einfach nicht gut abschalten.“ 

Und dann kommt das grosse ABER: „Aber ich habe grad so viel um die Ohren, ich habe im Moment einfach keine Zeit und zu allem anderen ist meine Mutter gesundheitlich angeschlagen / habe ich höllischen Stress im Geschäft / ist mein Mann arbeitslos geworden / hat meine Tochter Probleme in der Schule / sollte ich dringend noch die Steuererklärung erledigen / zügeln wir in zwei Monaten / muss ich nächste Woche mit dem Hund zum Tierarzt / ist der Kühlschrank kaputt gegangen.“ Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen. Es ist verständlich, dass in solch turbulenten Situationen Zeit und Energie fehlen, um mit etwas Neuem zu beginnen. Das würde ja noch mehr Stress verursachen, oder? Jeder einzelne Grund ist ärgerlich bis schwierig und zudem treten sie häufig in Kombinationen auf, die uns zu bestätigen scheinen, dass ein Unglück selten alleine kommt. Das ist auf der einen Seite einleuchtend und auf der anderen Seite beisst sich da die Katze oder der Hund in den Schwanz. 

 

Wenn ich dann wieder mehr Zeit habe, tue ich etwas Gutes für mich. Wenn ich nicht mehr so viel Stress habe, kümmere ich mich um meine Bedürfnisse. Wenn sich alles beruhigt hat, kann ich sicher wieder besser schlafen. Wenn endlich alles erledigt ist, gönne ich mir etwas. Wenn dann alles perfekt ist, kann ich mein Leben geniessen. Wir tappen manchmal in dieses Verhaltensmuster und wissen natürlich, dass mit grosser Wahrscheinlichkeit nie alles erledigt und perfekt sein wird. Es ist ein bisschen wie früher als Kind oder Jugendliche. Wenn ich dann mit der Schule/Ausbildung fertig bin, Auto fahren kann, eine eigene Wohnung habe, glücklich in einer Partnerschaft lebe... Dann beginnt das Leben. 

Das ist den Bogen jetzt etwas weit gespannt, aber wissen Sie noch, wie es war, als wir noch kein Smartphone hatten und die Telefonleitung besetzt war, wenn wir uns ins Internet eingewählt hatten? Wenn etwas mit dem PC nicht funktionierte oder man etwas installieren wollte, musste man die komplizierte Anleitung vorher ausdrucken, denn während des Prozesses hatte man keinen Zugang mehr zum Internet. So nach dem Motto „Kontaktieren Sie uns via Webseite, wenn Ihre Internet-Verbindung ausgefallen ist“. Eben, ein Teufelskreis, eine paradoxe Situation. 

 

Es ist wohl einfacher, sich in den Ferien zu entspannen als im Alltag (wobei es durchaus gelingen kann, auch die wohlverdiente Auszeit zum Stress werden zu lassen). Im hektischen Alltag die innere Ruhe zu finden und zu bewahren, ist die grössere Herausforderung, finde ich. All die Dinge, die wir gerade tun müssen, können wir stumpf im Automatik-Modus erledigen. Oder wir können hin und wieder eine Atempause einlegen. Hinschauen, spüren, wahrnehmen, reflektieren. Damit erledigen sie die drängenden Fragen und Probleme des Alltages zwar nicht alle von selber, aber einige schon :-) Die Zeit ist jetzt und der Aufwand manchmal gar nicht so riesig, wie er vielleicht erscheint.